Mentalmonster Olli Kahn
Wer kennt sie nicht, die Szenen mit Olli Kahns Karatetritt nach Stephane Chapuisat, die „Knabberattacke“ an Heiko Herrlich oder als er seinem Mitspieler Andreas Herzog an den Kragen geht. Dieser Olli Kahn war mit Sicherheit kein brutaler Mensch, aber hochemotional. Und über diese Emotionalität hat er sich mental ins Spiel oder Training gepusht – er wollte immer gewinnen und der Beste sein! Ich schätze ihn selbst als seinen größten Kritiker ein – allerdings nicht auf dem Spielfeld. Da war er ein Mega-selbstbewusster Torhüter, der allein schon durch sein Auftreten Respekt einflößte und dem Gegner signalisierte: komm doch, ich halte ihn sowieso! Er war der Chef in der Abwehr, dirigierte und zeigte Weltklasse Leistungen. Also kein Schwätzer, sondern ein Typ!
Durchgeknallte ins Tor
An seinem eigentlichen Wesen kann man in den meisten Fällen nichts machen – es sei denn, die Umgebungsvariablen sind dergestalt, dass sie eine Änderung hervorrufen. Damit meine ich nicht, dass nur die „Durchgeknallten“ im Tor stehen – allerdings hilft eine gewisse Verrücktheit schon. Warum sonst sollte man sich auf knallharte Ascheplätze, in Pfützen oder in die Gegner werfen, wenn man nicht eine gewisse Affinität zu dem etwas „anderen“ Spieler hätte? Hinzu kommt ja auch noch die 50-50 Chance auf Erfolg – Misserfolg. Es gibt immer nur die zwei Möglichkeiten: entweder Held oder Looser! Patzt der Hüter, ist es meistens ein Tor. Patzt der Stürmer sind in der Regel noch mindestens 8-10 Mitspieler vorhanden, um diesen Patzer auszubügeln.
Welttorhüter und deren Fußballmentalität
Ich bin der festen Überzeugung, dass ein erfolgreicher Torwart immer auch ein sehr intelligenter Mensch ist. Er muss mit einer Vielzahl von Eindrücken in kürzester Zeit fertig werden und die richtige Entscheidung unter Zeit- und Gegnerdruck treffen. Hat er eine Entscheidung getroffen, darf er unter keinen Umständen von dieser abweichen, sondern sie kompromisslos durchziehen. Zweifelt er, klingelt´s meistens. Also muss sein Fell dementsprechend dick sein, denn er muss seine Entscheidungen immer auch rechtfertigen können. War die eine Entscheidung im Spiel falsch, ist er meist der Verantwortliche – egal wieviel 100%ige er vorher gehalten hat. Und das ist dann der nächste wichtige Punkt: Selbstkritik ja – Selbstzweifel nein!
Ein guter Torwarttrainer unterstützt die Entscheidungsfindung, indem er die Hüter immer wieder in Entscheidungssituationen führt und neue, unbekannte Impulse setzt. Konzentrationsstärke vorausgesetzt, wird hier ein mentaler Erfahrungsschatz gebildet, da Entscheidungen und (Re-)Aktionen gefordert und gefördert werden. Denn in ähnlichen Situationen verhält sich der Mensch auch ähnlich. Das bedeutet, wenn ich als Torwarttrainer einen Fehler erkannt habe, versuche ich gleiche und danach ähnliche Situationen nachzustellen, um eine Fehlerkorrektur zu betreiben und für die Zukunft ähnliche Fehler zu vermeiden. Beobachtungsgabe des Coaches und die Willensstärke des Torwarts, Fehler abzustellen und sich zu verbessern, sind die Voraussetzungen um besser zu werden. Es muss nicht unbedingt der Welttorhüter sein, es darf aber ruhig der beste Torwart der Region sein. Eine Zielsetzung ist wichtig und auch schon mal eine Korrektur nach oben.
Self fulfilling Prophecy
Selbstbewusst und sicher im Auftreten, geben die „Verrückten im Tor“ den Ton an. Und das ruhig „lautstark“ beim coachen der Vorderleute. Diese werden froh und glücklich sein, den eigenen Torwart mit klaren Anweisungen zu hören. „Würdest du so nett sein und etwas nach links gehen und die Lücke schließen?“, das hört sich sicherlich im Klassenraum gut an. Auf dem Platz heißt das dann: „Jenny, links verschieben!“ Und auch so, dass Jenny und ihre Mannschaftskolleginnen das hören und es danach auch wissen. Das funktioniert natürlich nur, wenn man im Training schon am Selbstbewusstsein arbeitet. Ich versuche den von mir trainierten Hütern immer die Angst vorm Fehler machen zu nehmen. Wer stets daran denkt, ich könnte ja etwas falsch machen, macht es falsch. Lieber von sich und seiner Leistung überzeugt sein.
Sei wie Olli Kahn: mach was du willst, ich halte ihn ja doch!!
Also, macht Fehler – traut euch das Neu-Erlernte erst einmal im Training anzuwenden – lernt aus diesen – gewinnt Sicherheit und habt Mut –
und werdet besser – seid selbstbewusst und sicher in den Anwendungen und zeigt es –
Klingt einfach – ist es auch – dauert nur etwas!! Also seid nicht zu ungeduldig, aber bleibt ehrgeizig!