Theorie und Fußballtaktik
01 Nov
Jörg

Stellungsspiel und Torwartexperten

Platt gesagt, ist mit diesem Begriff schon alles ausgesagt: das Stellungsspiel.
„Da muss er stehen“, „da muss er raus kommen“, „er muss den Winkel verkürzen“ und so weiter. Wer kennt sie nicht, die Sprüche der ca. 83 Millionen Fußballtrainer und besonders der Torwartexperten! Aber all diese Dinge sagen natürlich eins aus – das Anforderungsprofil im Bereich der Torwart und Fußballtaktik ist enorm!

Defensivtaktiken für Torhüter

Unterscheiden möchte ich hier zwischen den Distanzen zum Tor und Defensiv- bzw. Offensivaktionen. Wie nah sich ein oder mehrere Gegenspieler zum Tor befinden, bestimmt natürlich auch die entsprechende Individualtaktik, sprich, dass Verhalten des Torhüters. Und dies bestimmt dann natürlich auch wieder die Techniken (s. Blog Technik). Hieß es früher oft „mach die kurze Ecke zu“, ist heute eher eine bestimmte Zone gemeint, in der ein Torwart entsprechend agieren soll. Nehmen wir das obige Beispiel der kurzen Ecke auf, befinden wir uns in der „Standzone“. Die wird so genannt, weil man den Ball „aus dem Stand“ und ohne großartige Aktionen abwehren kann. Je flacher der Winkel zum Tor wird, – erst mal unabhängig von der Distanz – desto „sportlicher“ wird die Zone.

Die nächste Zone wäre demnach die „Kippzone“, in der der Torwart das Tor durch abkippen, evtl. mit Abdruck, verteidigen kann. Steht der Schütze zentrumsnah zum Tor, sprechen wir von der „Abdruckzone“, wo das Tor nur mit entsprechendem Abdruck zum Sprung verteidigt werden kann. Je nach Geschwindigkeit und Entfernung zum Tor, sind ebenfalls mehrere Punkte zu beachten: Distanzverkürzung, Bereitschaft ins 1vs. 1, auf Finten und Ausweichbewegungen des Stürmer gefasst sein usw. Je nach Situation kommen hier auch wieder verschiedene Techniken ins Spiel – es ist immer eine echte Herausforderung, die richtige Taktik bzw. Technik anzuwenden.

Offensivtaktiken im Fußball

Um den Ball nach verschiedenen Aktionen wieder ins Spiel zu bringen, ist es wichtig zu erkennen, welche Taktik wie angewandt wird. Abwurf, Abrollen oder lange Pässe – was ist die richtige Wahl, um zu einem geordneten oder schnellen Spielaufbau zu kommen? Abhängig von Gegnerstärke, Zeit, Spielstand und noch anderen Faktoren liegt es auch am Torwart, wie sich eine Spielsituation entwickelt. Ein Abwurf über 40 m ist für den Gegner selbstverständlich einfacher abzufangen als ein flacher, scharf in den Fuß oder Lauf geschossenen Pass. Eine andere Entscheidung ist es z.B. auch, das eigene „Pressingopfer“ nicht unbedingt anzuspielen, um des Gegners Pressingtaktik nicht zu unterstützen.

Dafür muss dieses taktische Gegnermittel natürlich erkannt und dementsprechend gegengearbeitet werden. So sind in den offensiven taktischen Möglichkeiten auch immer die des Gegners bzw. dessen Gegenmaßnahmen mit einzubeziehen. Man kann also erahnen, wie komplex die richtige Taktikwahl in Bezug auf den Spielaufbau sein kann. Dementsprechend ist es wichtig, schon in den jeweiligen Torwarttrainingseinheiten entsprechende Spielsituationen mit einzubeziehen. Natürlich immer abhängig von der individuellen Leistungsstärke des Torspielers und den Möglichkeiten und Vorgaben von und für die Mannschaft.

Fußballtaktik im Torwarttraining

Wenn im Torwarttraining der Spielaufbau über eine 4er-Kette geübt wird, die Mannschaft aber offensiv über eine 3er-Kette aufbaut, ist das „suboptimal“. Ergo hat sich ein Torwarttrainer immer eng an die Vorgaben bzw. an die Spielweise des Chefcoaches zu halten. Oder er muss aktiv werden und danach fragen.
Und damit es nicht heißt: „haste Scheiße am Fuß, haste Scheiße am Fuß“ (Andi Brehme), sind alle diese Defensiv- und Offensivtaktiken ständig ins Training mit einzubauen. Dies stellt für den Torwarttrainer eine besondere Herausforderung dar, da in den meisten Fällen das Torwarttraining in der Priorität der Mannschaftstrainer nicht den Anforderungen des Torwartspiels entspricht. Flexibilität und Phantasie sind dann gute Wegbegleiter, um trotzdem verschiedene taktische und technische Trainingselemente in meist begrenzte Zeit unterzubringen. Also eine echte Herausforderung – nicht nur für die Goalies.

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